Lachen
Nicht wenige der reichen Worte fangen mit dem Buchstaben L an. Worte, die das Leben zum Menschlichen machen. Leben, das ohne Licht und Liebe, ohne Lüge und Leid vor Langeweile verkümmern würde, das ohne Lust und Lohn nicht fortbestehen könnte. Und zwischen all den Dramen und Tragödien, Heimsuchungen und Fährnissen ist wieder und wieder ein Lachen zu hören, das die Zeit für einen Augenblick aufhebt und all die Unterschiede zwischen uns Menschen, all die Widersprüche in uns vergessen macht. Ein offenes, befreiendes, spontanes Lachen. Die Musik des Humors.
Lachen ist einer der großen Clous der Natur, die uns diese faszinierende Fähigkeit mit auf dem Weg gab, damit wir die lustigsten Tiere des Universums werden, lustiger als putzige Vögel, tapsige Katzen oder verspielte Delphine. Lachen ist ein ansteckendes Singen mit dem selbst die Götter nicht gerechnet haben: Dass belebte Materie den unendlichen Wechsel zwischen Geburt und Tod aufhebt, und sei es nur für ein paar Sekunden. Im Lachen keimt Kooperation und Kultur, im Lachen vergehen Angst und Ohnmacht. Das Lachen läßt den Tod alt aussehen. Das Lachen ist das große, weiche Bett des Humors, ohne den wir fragilen Seelenmenschen vor den Zumutungen des Lebens all zu schnell zerbrechen würden. Das Lachen ist ein Wunder! Innerhalb von Sekunden versöhnt es uns mit uns und unseren Mitmenschen.
Das Lachen ist auch ein Bote der Liebe.
Es war ein Wochenende, als ich mit meinem neunjährigen Sohn Tretbootfahren war auf dem großen Teich im Stadtpark meiner Stadt. Gechillt ließen wir uns treiben, fuhren unter die Dächer überhängender Äste und beobachteten einen denkenden Graureiher auf der Krone einer stolzen Linde. Und plötzlich holte mein Sohn eine vergammelte Entenfeder aus dem Wasser und ich rief Iiih Nee Komm Bäh! Wie von der Tarantel gestochen warf er sie zurück ins Wasser und zugleich lachten wir uns über meine lustige Laut-Wort-Kombination den Bauch voll. Ich schlug vor, diese Szene zu filmen. Ich würde ein Zeichen geben, wenn die Aufnahme liefe, ich würde mit den Ohren zwinkern, wenn es soweit sei. Ich bemerkte nicht sofort meine Wortverwechslung. Mein Sohn aber lachte sein kindliches, warmes Lachen, ein unbeschreibliches Lachen: Frei, unschuldig, beseelt. Es bringt all meine Liebe, zu der ich fähig bin, zum Schwingen.
Wir filmten die Szene und mein Sohn sagte danach, er habe die Feder nur deshalb so schnell weggeworfen, weil etwas Glitschiges daran klebte. Und immer wieder parodieren wir lachend das IiihNeeKommBäh!: Wie ich angeekelt mit dem Iiih meinen Körper straffe, gleichzeitig empört Nee rufe, gefolgt vom einem tiefen Komm, um das sofortige Wegwerfen der vergammelten Entenfeder einzufordern, meine Abneigung mit einem kindlichen Bäh Nachdruck verleihend. An diesem Tag verlängerten wir die Zeit auf dem Wasser ungefragt um eine weitere Stunde und überliessen uns der warmen Sonne, den schattigen Zweigen und dem glitzernden Wasser, beschwingt von unserem Lachen.
© August 2020 by Wandelkern Lesermail